Verwandlung

Pferde sind für so viele Menschen wunderbare Wegbegleiter. Weil sie etwas in sich tragen, was wir Menschen auf unserem Weg in einer Welt voller Vorgaben und Vorstellungen verloren haben. Kontakt zu sich selber. Kontakt zu den eigenen Bedürfnissen und die Fähigkeit zu fühlen.

Immer wieder begegne ich Pferden in Gefangenschaft. Pferde, die dressiert werden, begrenzt in Bewegung, Essen und in ihren Bedürfnissen. Und weisst du was, viele ihrer Menschen spüren, dass da etwas schief läuft. Dass sie sich und mit ihnen auch ihr Pferd verirrt haben. Weil es viel leichter ist, die Verirrung beim Gegenüber zu erkennen als bei sich selber.

Mir selber ist es genau so ergangen. Und so habe ich mich auf den Weg gemacht, diese Verwicklungen, in die ich uns manövriert habe, zu entwickeln. Ich habe begonnen, Pferde zu beobachten. Ihren Botschaften, die sie uns andauernd zukommen lassen zu lauschen und mir selber zu vertrauen. Meiner Intuition, meinen Gefühlen und meinen Bedürfnissen.

Ich habe Schicht um Schicht von der Kontrolle und den Vorstellungen abgewickelt. Habe immer öfter die Pferde gefragt, statt mir meinen Kopf zu zerbrechen oder auf Erzählungen von anderen Verirrten zu hören.

Es ist ganz wunderbar, wenn man die Zügel buchstäblich aus der Hand gibt und den Pferden die Führung überlässt. Weil sie anders als wir Menschen ganz leicht und unmittelbar aus dem Kontakt mit sich selber zurück finden. Pferde vergessen ihre Bedürfnisse nicht. Pferde erdulden zwar all die Missbräuche und Demütigungen ihrer Menschen, folgen jedoch immer dieser Verbindung und dem Wunsch nach Selbstbestimmung. Und weisen uns Menschen damit den Weg in die Freiheit. Mit endloser Geduld und Demut. Weil sie wissen und vertrauen.

All die Pferde, bei deren Befreiung ich Zeugin sein durfte, haben keinen Moment gezögert, sich ihre Selbstbestimmung und Freiheit zurück zu erobern. Sie brauchen dazu keinen Mut. Das Einzige, was sie brauchen, sind Menschen, die erkennen, dass Pferde frei sein wollen. So wie jedes Lebewesen frei sein will. Frei von Vorstellungen, frei von Manipulation, frei von Begrenzungen, frei von Normen und Benutzung.

Jedes Lebewesen kommt zur Welt, um sich in seiner Einzigartigkeit zu entfalten. Jedes Lebewesen strebt nach Verbindung und Wachstum. Lebewesen sind Subjekte. Mit Bewusstsein ausgestattete, erkennende, fühlende und handelnde Wesen. Keine Objekte. Pferde leben danach, nur wir Menschen machen uns selber und unsere Mitwesen zum Gegenstand, auf den das Interesse, das Denken, das Handeln gerichtet ist.

Ich habe erkannt, dass es nicht ausreicht, einzelne Komponente zu verändern. «Nur» nicht mehr zu reiten, «nur» mich nicht mehr einzumischen, «nur» nicht mehr zu begrenzen… Weil wir an einem Lebewesen nicht wie bei einem Auto Einzelteile ersetzen können. Es bedarf, dass sich alles verändert. Es ist eben keine Veränderung. Wenn du wieder mit dir und allem, mit dem du verbunden bist in Kontakt kommst, ist es Verwandlung. Du und dein Pferd, ihr verwandelt euch in die Version, für die ihr hier her gekommen seid.

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Warum wir unsere Pferde nicht benutzen Teil 3...